Webers Geburtstag
Bis einschließlich 1816 betrachtete Weber den 18. Dezember als seinen Geburtstag. Dieses Datum wurde u. a. in heute verschollenen (wohl verlorenen) familiengeschichtlichen Notizen von Vater Franz Anton von Weber genannt, in denen auch die Geburtsstunde dokumentiert war: 22.30 Uhr. Noch in den Prager Jahren feierte Weber stets am 18. Dezember, nun gemeinsam mit seiner späteren Ehefrau Caroline Brandt, die ebenfalls dieses Datum für ihren Geburtstag hielt.
Erst als die Verlobten 1817 im Vorfeld ihrer geplanten Hochzeit Taufscheine vorlegen mussten, erlebten sie eine Überraschung: Zunächst fiel Caroline Brandt, die bereits seit 1810 über einen entsprechenden Kirchenbuchauszug (in lateinischer Sprache) verfügte, auf, dass dort der 19. November als Tauftag angegeben war, was einen Dezember-Geburtstag scheinbar ausschloss – später vermutete sie (wohl zurecht), dass diese beglaubigte Abschrift fehlerhaft wäre1. Weber reagierte in seinem Brief vom 15. August auf die angebliche Datums-Verwechslung sehr „verdrießlich“, war aber um so überraschter, als er in seinem eigenen, aus Eutin besorgten Taufschein als Taufdatum den 20. November 1786 fand. Im Brief vom 19. August schilderte er seiner Braut seine Verwunderung, schloss aber einen Schreibfehler des Pfarrers nicht aus. Schließlich einigte sich das Paar darauf, am Verlobungstag, dem 19. November, auch die Geburtstage zu begehen, was laut Tagebuch ab 1818 jährlich geschah. Insofern erstaunt es, dass Weber in seiner 1818 im Auftrag von Amadeus Wendt als Grundlage für einen biographischen Aufsatz geschriebenen autobiographischen Skizze nochmals den 18. Dezember 1786 als Geburtstag bestätigte (wodurch dieser in die Lexika des 19. Jahrhunderts Einzug hielt).
Bei seinem Eutin-Besuch 1820 versäumte es Weber nicht, sich selbst im Taufbuch der dortigen Schlosskirche zu überzeugen, dass der 1817 ausgestellte Taufschein korrekt war, wie er seiner Frau im Brief vom 15./17. September mitteilte. Freilich mutmaßte er nun, dass sich Pfarrer Ukert bereits 1786 verschrieben haben könne, was tatsächlich möglich erscheint, da im Kirchenbuch nach Webers Taufe keine weitere im Jahr 1786 verzeichnet ist; eine Verschreibung (Nov statt Dez) wäre also denkbar. Trotzdem hielten die Webers weiter am 19. November fest, während sein Halbbruder Edmund in einer nach 1817 entstandenen (allerdings teils fehlerhaften) Geburtstagsliste den 18. November notierte.
Friedrich Wilhelm Jähns wandte sich aufgrund der Widersprüche 1836 an Caroline von Weber, die in ihrem Brief vom 25. Februar d. J. die Ereignisse des Jahres 1817 aus ihrer Warte schilderte. Ihrem Rat an Jähns, sich mit dem 19. November als Geburtstag zu „versöhnen“, folgte dieser allerdings nicht, wie u. a. dem Brief Caroline von Webers vom 22. Dezember 1849 zu entnehmen ist, in welchem sie Jähns’ „ungläubige Seele“ nochmals mit Argumenten umzustimmen hoffte. Im Jahr nach dem Tod der Witwe publizierte Jähns einen ersten Aufsatz, in dem er keines der möglichen Daten präferierte; ein halbes Jahr später bewog ihn der Fund der eingangs erwähnten Notizen von Franz Anton von Weber, in einem Nachtrag doch dem 18. Dezember als Geburtstag den Vorzug einzuräumen. Max Maria von Weber zweifelte dagegen im Weber-Lebensbild (Bd. 1, S. 19f.) die Aufzeichnungen seines Großvaters nicht ohne Grund an. Für die heutige Forschung gilt das Eutiner Taufdatum 20. November hingegen als verbürgt.
Endnotes
- 1Zu diesem Taufschein (extrahiert aus den Taufbüchern von St. Remigius in Bonn) findet sich in den Bonner Kirchenbüchern keine gleich lautende Originalnotiz, lediglich ein Eintrag für die Kirche St. Gangolph, wo am 19. Dezember (nicht November) 1792 (nicht 1793) die Taufe von Elisabeth Antonetta Brandt (ohne den Vornamen Carolina) verzeichnet ist. Die Verwechslung geschah möglicherweise, da im Kirchenbuch von St. Remigius am 19. November 1793 die Taufe einer Josepha Elisabetha Brandt (Tochter von Gottfried Brandt und Maria Anna Stechs) vermerkt ist.